Der Trade-off: Mehr Sinn, dafür weniger von Anderem
Sharon Hunziker im Interview mit Lukas Roth, Geschäftsführer Drehpunkt Personal GbmH und Leiter Personal Stiftung Wendepunkt
Lukas, du hast 2 Hüte auf: Du bist Leiter Personal bei der Stiftung Wendepunkt und Geschäftsführer der Drehpunkt Personal GmbH, eines Personalvermittlungsbüros. Wie gelingt es dir, diese zwei Aufgaben unter einen Hut zu bringen?
„Es gibt für mich persönlich 3 Faktoren, die hier mitspielen. Zum einen sind meine Aufgaben und Rollen an beiden Orten klar definiert. Zum anderen ist eine Priorisierung nach Wichtigkeit und Dringlichkeit in den einzelnen Aufgaben zentral. Der dritte Faktor bezieht sich auf mein Team. Ich habe an beiden Orten Top-Mitarbeitende und die gute Zusammenarbeit setzt mich für meine Aufgaben frei.“
Was motiviert dich persönlich an deinen Aufgaben und Arbeit?
„Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen. Meine Vision für mein Berufsleben beinhaltet die Unterstützung von Menschen, damit sie ihr Potenzial entdecken, entfalten und weiterentwickeln können. Dies deckt sich natürlich mit meinen Aufgaben. Was mich ausserdem motiviert ist die Tatsache, dass hinter aller Arbeit wieder der Mensch steht: die Menschen, die ich für eine Position rekrutiere, dienen wiederum anderen Menschen in ihrem Arbeitsalltag. Indirekt hat meine Arbeit somit Einfluss auf die Gesellschaft und das freut mich sehr.“
Die Stiftung Wendepunkt ist eine Sozialunternehmung. In ihrem Statement steht, dass Menschen und nicht primär Vorhaben und Projekte der Mittelpunkt der Stiftungsarbeit sind. Was heisst das konkret aus Sicht Leitung Personal?
„Der Dienst am Mensch hat eine hohe Priorität. Aus Sicht Leitung Personal bedeutet dies unter anderem, dass wir als Unternehmung auch bereit sind, mit unseren eigenen Mitarbeitenden eine sogenannte 2. Meile zu gehen. Wir investieren ausserdem viel in unsere Mitarbeiterschaft in Form von beispielsweise internen Schulungen, externen Weiterbildungen und Coachings. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Einzelperson im Mittelpunkt steht und sich die Organisation darum herumbaut. Es kann auch bedeuten, dass klare Grenzen eingehalten werden. Dies wiederum dient der Entwicklung des Einzelnen.“
Wie können aus deiner Sicht Unternehmen und KMUs einen sozialen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen?
„Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise passieren. Ein möglicher Weg ist sicherlich, dass ein KMU nach Möglichkeit auch sozial randständige Menschen in ihre Belegschaft integriert. Es muss sorgfältig evaluiert werden, welchen Personen man eine Chance geben kann und welches Setting für beide Parteien gewinnbringend sein könnte. Auch wenn dies im ersten Moment einen Mehraufwand für das Unternehmen bedeuten kann, bin ich davon überzeugt, dass langfristig ein Nutzen daraus resultiert. Dieser ist vielleicht nicht direkt messbar, aber klar vorhanden. Zum Beispiel werden Mitarbeitende durch die Erfahrungen von Direktbetroffenen auf wichtige Themen wie Erschöpfung, Burn-out etc. sensibilisiert und Unternehmen profitieren von dieser Sensibilisierung. Eine weitere Möglichkeit zur Schaffung von sozialen Mehrwert ist sicher auch die Beteiligung an sozialen Projekten, sei es finanzieller oder ideeller Art.“
Du bist ganz nah mit Stellensuchenden und Arbeitgebern unterwegs und erhältst viele Einblicke bezüglich Motivation und Herausforderungen. Wie wichtig schätzt du heutzutage eine Sinnhaftigkeit in der Arbeit ein?
„Das Thema Sinn in der Arbeit, besonders im Zusammenhang mit der Generation Y, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Vermehrt weisen auch Fachzeitschriften und –Artikel auf diese Thematik hin und gleichzeitig erlebe ich dies auch in den Rekrutierungsprozessen. Der Tagesanzeiger-Artikel "Wenn beim Arbeiten der Sinn abhandenkommt“ spricht beispielsweise auch von dem sogenannten Brown-out-Syndrom. Das Erleben von Sinnlosigkeit im Arbeitsalltag kann sich in Intraversion und in der Abwendung von der beruflichen Leistung auswirken.
Der Schrei nach Sinnhaftigkeit nimmt zu. Ich persönlich finde es aber gleichzeitig wichtig, ehrlich mit sich selber zu sein. Mehr Sinn bedeutet auch weniger von Anderem; sei es weniger Lohn, Prestige etc. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein und es braucht die persönliche Bereitschaft, diesen Weg auch gehen zu wollen.“
Wie können Unternehmen auf diese Entwicklung reagieren?
„Die Stiftung Wendepunkt hat natürlich einen grossen Vorteil. Sie ist eine Sozialunternehmung und andere Menschen profitieren direkt von der geleisteten Arbeit der Mitarbeitenden. Die Sinnstiftung ist enorm hoch. Erfahrungsgemäss wird es jedoch für einen Arbeitnehmenden in jeglicher Branche zunehmend wichtiger, nicht nur den einzelnen Arbeitsschritt zu sehen, den er oder sie gerade tätigt, sondern was dieser für einen Gesamteinfluss hat. Zentral ist, dass das Gesamtbild für die Mitarbeitenden sichtbar gemacht wird.“